Welcher Auto-Enthusiast träumt nicht davon, sich sein ganz persönliches Auto zu bauen und somit Besitzer eines Unikats zu sein. Michael Reimann aus Dallas (Texas/USA) hat sich diesen Traum erfüllt. Als ich durch Facebook auf Michael aufmerksam wurde, war mir sofort bewusst, dass hinter seinem MDR GT eine ganz besondere Geschichte steht und es freut mich, diese mit Ihnen zu teilen. Lassen Sie uns einen Blick zurückwerfen ins Jahr 1970 als alles begann. Der damals 17jährige Michael besuchte das College und dies konfrontierte ihn mit dem Problem, dass es ihm äußerst schwer fiel, sich Wissen durch das Lesen von Büchern und Skripten anzueignen. Auf Grund dieser Einschränkung war sein Hochschul-abschluss in Gefahr und er war gefordert, sich einen Weg zu suchen, um sich zum Lernen zu zwingen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er weder etwas über Autos noch über Mechanik. Er konnte nicht einmal "Öl nachfüllen". Doch sein Entschluss stand fest. Michael wollte sich den Traum, ein eigenes Auto zu entwerfen und zu bauen, erfüllen und damit seine Lerneinschränkung überwinden. Gesagt – getan. Voller Enthusiasmus ging er zur Sache. Es schwebte ihm vor, ein exotisches Auto wie den Ford GT40 MK IV zu verwirklichen. Seine ersten Bemühungen waren allerdings noch sehr trashig. Als Leitfaden für sein Projekt legte er eine grundlegende Design-Philosophie fest. Das Fahrzeug sollte im öffentlichen Straßenverkehr zum Einsatz kommen und für den Bau
sollten leicht verfügbare Teile verwendet werden. Die einzige Ausnahme bildete hierbei das Getriebe – ein ZF-Fünfgang-Getriebe. Das Fahrgestell wies deutliche Unter-schiede zu den Fahrgestellen der herkömmlichen Fahrzeuge auf. Es war eine Kombination aus drei Konstruktionstechniken: Doppelrohre bildeten den zugrunde liegenden Rahmen, der Überrollkäfig und die Gerüste waren Space-Frame-Konstruktionen und Semi-Monocoque-Paneele wirkten als belastungs-tragende Elemente und bildeten die Seitenwände. Diese Hybridstruktur sorgte für einen robusten und dennoch leichten Rahmen. Die Urteile der Experten waren von Anfang an einstimmig: Schade um die Zeit – Dein Projekt wird scheitern. Diese Aussagen beflügelten Michael umso mehr. Im Jahr 1973 befanden sich das Fahrgestell, die Aufhängung und der Antriebsstrang im Bau. 1975 wurde das Auto in Kalifornien sicherheitsgeprüft, registriert und zugelassen. Es überlebte einen Spießrutenlauf von Beamten des Department of Motor Vehicles, Beamten der Highway Patrol und wählerischen Inspektoren. Sie unterwarfen es allen Vorschriften in einem 2 Zoll dicken Fahrzeuggesetz. Die Anforderungen betrafen Bremsen, Kotflügel, Spiegel, Lichter, Glas und Abgasreinigung. Glücklicherweise waren Stoßstangen durch das strenge kalifornische Fahrzeuggesetz nicht vorgeschrieben!
Im Jahr 1975 erwarb Michael auch einen Bachelor of Science. Der „erzwungene“ Lernansatz hatte funktioniert! Die Karosserie des MDR GT wurde aus Glasfaserplatten hergestellt. "One-Shot"-Matrizen, welche glatte und kontinuierliche Konturen er-zeugten, minimierten den Gesamtaufwand und die Gesamtkosten. Für die Hauptkarosserieteile wurden Querschnittsholzrahmen hergestellt. Jeder Rahmen war mit Rigipsplatten ausgekleidet, die durch Benetzung so geformt werden konnten, dass sie die Konturen bildeten. Feinere Details und ein glattes Finish wurden durch "Tape & Bedding" der Rigips-platten erreicht. Abschließend wurden die Formen mit Schellack behandelt und gewachst. Die Glas-fasermatten wurden mit Polyesterharz getränkt, um die Karosserieteile herzustellen. Vor dem Lackieren mussten diese dann geringfügig geformt werden. Einmal geformt, wurden alle Teile vom Auto entfernt und lackiert. Um die grundlegende Wartung zu vereinfachen, schwingen die vorderen und hinteren Clamshells vom Chassis weg. Diese können für größere Reparaturarbeiten auch vom Chassis abgenommen werden. Das ZF-Getriebe ermöglichte eine Mittelmotorkonfiguration. Das Schalt-gestänge war hierbei aufgrund des gewundenen Weges vom Getriebe zum Schalthebel das schwierigste Teil im Antriebsstrang.
Heute hat das Auto keine Ähnlichkeit mehr mit dem Auto, das 1975 erstmals zugelassen wurde. Viele Komponenten wurden über die Jahre hinweg von Grund auf neu konstruiert und gefertigt. Dazu gehören: die Aufhängungselemente, Scherentüren, Krümmer, Brennstoffzellen, Kraftstoffstandgeber, Kombiinstrument, modulare Verkabelung und Fenstermechanismen. Auch die zugekauften Teile (Windschutzscheibenverkleidung, Gewindefahrwerk-Stoßdämpfer, Scheibenbremsenbaugruppen, Lenksäule und elektrische Kühlgebläse) erforderten umfangreiche Anpassungen. Des Weiteren wurden das Fahrgestell, der Antriebsstrang, das Schalt-gestänge, die Aufhängung, die Bremsen, die Kraft-stoffzufuhr, die Kühlung und die elektrischen Systeme überarbeitet und umgebaut. Pin-Antriebsräder und Pirelli P Zero-Reifen verbesserten die Leistung.
Die Scheinwerferkuppeln und die Heckscheibe wurden aus Lexan vakuumgeformt - die Federung kann angepasst und einfach abgestimmt werden.
Zu den inneren Verfeinerungen gehören: ein Momo-Lenkrad mit Schnellverschluss, konturierte Leder-sitze, Schroth-5-Punkt-Sicherheitsgurte, Wetter-schutz, Schalldämpfung, elektrische Fensterheber, elektrische Außenspiegel, Heizung und Klimaanlage. Zu guter Letzt folgten dann noch die Innenver-kleidungen in Leder. All diese getätigten Ver-änderungen haben das Aussehen des Fahrzeugs extrem beeinflusst und wie deutlich zu erkennen ist, diente der Ford GT40 Mk IV als Vorbild für das umwerfende Erscheinungsbild des MDR GT.
Nach 52 Jahren und 23.000 Arbeitsstunden steht Michael Reimann heute voller Stolz neben seinem Unikat, einem Traum in Gelb, der mittlerweile die Fahreigenschaften eines Grand-Prix-Wagens hat. Der MDR GT ist seine Bestätigung dafür, dass er im Jahr 1970 mit dem Entschluss sich ein eigenes Fahrzeug zu bauen, die richtige Entscheidung getroffen hat. Sein Plan ging auf. Er konnte damit seine Lernein-schränkung überwinden und somit zwei Master-Abschlüsse und einen Doktortitel erwerben.
Chapeau, Michael Reimann!
Herzlichen Dank, Mike, für die ausführlichen Informationen und weiterhin viel Freude mit Deinem fantastischen Eyecatcher auf Texas Straßen.
Bericht: Rainer Selzer / Bilder: Sammlung Michael Reimann - bearbeitet von RS65photos
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