Die Graber Sportgarage AG entstand in den achtziger Jahren aus der Übernahme der weltbekannten Carrosserie Hermann Graber in Wichtrach. Über die Jahre hinweg hat das Unternehmen den Fokus immer stärker auf die umfassende Betreuung von historischen Sammler- und Rennfahrzeugen gelegt.
Christian Traber, Mehrheitsaktionär der Graber Sportgarage AG, und sein Sohn Nicolas sind bei vielen historischen Motorsportrennen in Europa anzutreffen und auch des Öfteren als Team im BMW 2002 TI am Start.
Freuen Sie sich auf 12 interessante Fragen, welche ich den Beiden stellen durfte.
1. Der Ursprung der Carrosserie Graber geht auf das Jahr 1925 zurück - verbunden mit einer äußerst interessanten Unternehmensgeschichte. Gerne würde ich darüber etwas erfahren.
Christian Traber: Die unabhängige Carrosserie Hermann Graber wurde 1925 gegründet und spezialisierte sich von Beginn an auf den Auf- oder Umbau von Fahrzeugkarosserien - der Fokus lag hierbei auf dem Umbau vom Coupé zum Cabriolet, da es damals nur wenige Cabriolets zu kaufen gab. Der richtige Durchbruch erfolgte dann im Jahr 1929 als ein durch Graber karosseriertes Panhard-Levassor Chassis den 1. Preis am Concours d’Elegance in St- Moritz gewann. Es kamen immer mehr Aufträge von privaten Personen, welche sich eine durch Graber gezeichnete oder abgeänderte Karosserie bauen ließen. Der Kunde brachte sein Fahrzeug zu Hermann Graber und ließ dieses gemäß seinen persönlichen Wünschen oder Vorlieben ändern. Nach dem Krieg, aber vor allem in den 50er Jahren gab es diverse Automobil Hersteller (z.B. die britische Luxusmarke Alvis), welche ganze Serien mit Graber Karosserien bauen ließen. Das führte dazu, dass Graber in seiner Geschichte als Karosseriebauer zwischen 1925 und 1971 über 800 Fahrzeuge umgebaut- und oder karosseriert hat. Dazu zählten viele bekannte Fahrzeug Marken wie z.B. Alvis, Aston Martin, Bugatti, Bentley, Düsenberg oder Rolls-Royce, um nur einige zu nennen. Mit dem Tod von Hermann Graber im Jahr 1971 wurde der Karosseriebau nicht weiter verfolgt, aber die mechanische Werkstatt, die Karosseriereparaturwerkstätte und die Lackiererei wurden durch seine Witwe bis ins Jahr 1980 weitergeführt
2. Im Jahr 1982 hast Du zusammen mit Deinem Vater und ein paar weiteren Investoren das Unternehmen übernommen. Welche zukunftsweisenden Veränderungen haben seitdem stattgefunden?
Christian Traber: 1982 haben sich ein paar Auto-Enthusiasten (darunter mein Vater und ich) entschlossen, die ehemalige Carrosserie Hermann Graber von seiner Frau zu erwerben. Von 1980 bis 1996 gehörte die Firma Graber zum kleinen, aber auserlesenen Kreis der offiziellen Ferrari-Vertreter der Schweiz. Des Weiteren war die Firma stark im Bereich der Restaurierung deutscher und italienischer Sportwagen tätig. 2001 fusionierte die Graber Sportgarage AG mit der damals schon seit 1988 in Toffen ansässigen Oldtimer Reparatur AG von Markus Scharnhorst. Die größeren und besser geeigneten Lokalitäten ermöglichten damit auch eine Expansion des Geschäftes mit Oldtimer Reparaturen aller Marken. Man spezialisierte sich auch auf Restaurationen und die Fahrzeug-Vorbereitung für den Historischen Rennsport. 2019 eröffnete die Graber Sportgarage eine 2. Niederlassung im nahe gelegenen Münsingen, um sich dort noch vermehrt der Reparatur und dem Verkauf von Youngtimern zu widmen.
3. Nick, Du bist ja sozusagen schon mit Benzin in Deiner Blutbahn auf die Welt gekommen, oder?
Nick Traber: Ja, das kann man so sagen. Mein Großvater - als Beginn dieser Kette - war ein großer Sammler von historischen Fahrzeugen. Es waren aber keine gewöhnlichen Oldtimer, sondern nur diejenigen, welche eine historisch wichtige Geschichte aufzuweisen hatten, waren gerade gut genug. Autos von Elvis, Mussolini oder Kennedy gehörten der Sammlung an. Diese Leidenschaft führte mein Vater dann noch einen Schritt weiter. Aus seltenen Straßenfahrzeugen wurden seltene Rennfahrzeuge aus mehreren Jahrzenten Renngeschichte. Deshalb kam ich schon als Kind des Öfteren in den Genuss, die imposanten Autos aus der Boxengasse zu verfolgen und die Gerüche die damit einhergehen einzuatmen und zu verinnerlichen.
4. Seit wann bist Du bei den Peter Auto Events am Start und was schätzt Du hier im Besonderen?
Nick Traber: Seit 2015 darf ich mich an diesem wundervollen Event beteiligen. Am meisten schätze ich an Peter Auto, die gute Organisation und auch die Mitfahrer, die das "Gentleman-Driving" respektieren.
5. Wer bzw. was war der Auslöser für Deine Motorsport-Begeisterung?
Christian Traber: Ich konnte mich schon als Kind für den Motorsport begeistern. Ich war damals noch keine 10 Jahre alt, als mich mein Vater zu einem nahe gelegenen Bergrennen (Marchairuz) als Zuschauer mitnahm. Ein Freund fuhr Mitte der 60er Jahre dort mit einem neu erworbenen Jaguar E-Type (damals einer der schnellsten Sportwagen überhaupt) mit. Danach hat mich die Begeisterung für den Motorsport nie mehr losgelassen - sei es als Kind mit der selbst gebauten Scalectrix- und Carrera Rennbahn oder bereits ab dem Jahr 1977 als ich in London studierte und jedes 2. Wochenende nach Brands Hatch fuhr, um als Zuschauer an den spannenden Autorennen teilzunehmen. 1986 erwarb ich die Rennlizenz und fahre seither regelmäßig Rennen oder Rallyes mit historischen Sportwagen. Ich hatte auch das Glück, in den 90er Jahren siebenmal an einem 4-tägigen Wiederholungskurs bei der bekannten Bob Bondurant Racing School in Scottsdale/Arizona teilzunehmen. Das hat mir sehr geholfen meinen Fahrstil zu perfektionieren und meine Rundenzeiten zu verbessern.
6. Wann setzte der erste Adrenalin-Kick bei Dir ein?
Nick Traber: Ich war etwa 10 Jahre alt, als ich das erste Mal mit unserem M1 Procar mitfahren durfte. Als mein Vater auf der Geraden dann Vollgas gab und der Motor mit 9000 Umdrehungen von meinen Ohren aus durch meinen ganzen Körper zu spüren war, wusste ich - ich war süchtig.
7. Was war in all den Jahren in Verbindung mit dem historischen Motorsport der emotionalste Moment für Dich?
Christian Traber: Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, da es in den letzten 25 Jahren bei etwa 500 Rennen und 350 Podiumsplätzen (davon über 200 Siege) sicher viele emotionale Momente gab. Einer dieser schönsten Momente war aber sicher der Sieg bei der Team Wertung der Le Mans Classic 2016, bei dem sowohl mein Vater Erich wie auch mein Sohn Nick mitfuhren. Den Sieg beim Formel 3 Rennen 2010 anlässlich des Monaco Grand-Prix Historique werde ich sicher auch nie mehr vergessen. Insbesondere weil ich nach der Siegerehrung, bei welcher mir der Pokal durch Jacky Ickx überreicht wurde, ganz alleine noch eine Ehrenrunde mit dem Kranz um den Hals durch die Gassen von Monaco fahren durfte.
8. Bei welchen Veranstaltungen bist Du mit dem Deinem Dad als Team unterwegs?
Nick Traber: Bei allen Peter Auto Events inklusiv der 24h Le Mans Classic und ab und an auch bei anderen Events, wie zum Beispiel beim Oldtimer-Grand-Prix am Nürburgring oder bei der Arabella-Classic-Rally von München nach Salzburg. Mein Vater fuhr sieben Mal schon die Mille Miglia, diese Erfahrung fehlt mir jedoch noch. Leider ist die Mille Miglia nicht mehr das, was sie früher war und deshalb ist dies kein "Must have" für mich.
9. Absolvierst Du über die Wintermonate ein spezielles Fitness-Programm?
Christian Traber: Nein, leider habe ich meine Fitness in den letzten 3 Jahren vernachlässigt. Seitdem ich 2018 ein Meniskus-Problem hatte und ich 9 Monate lang das Fitness Training aussetzen musste, habe ich nie wieder richtig damit begonnen. Deshalb steht es mit meiner Form und meinem Kampfgewicht momentan nicht zum Besten.
10. Bist Du auch ein Schrauber oder bevorzugst Du das Fahren?
Nick Traber: Ich bin zum großen Bedauern leider kein großartiger Schrauber. Aber ich interessiere mich sehr für die Technik und Mechanik und schone unsere Mechaniker nicht, sie mit 1.000 Fragen während der Rennwochenenden zu löchern. Nur wenn man versteht, was wozu im Auto dient, kann man den Mechanikern das nötige Feedback geben, damit diese dann das entsprechende Feintuning am Fahrzeug vornehmen können.
11. Wie heißen Eure persönlichen Lieblingsveranstaltungen und was macht diese so besonders?
Christian Traber: Die schönste Veranstaltung ist sicher die alle 2 Jahre stattfindende Le Mans Classic. Und dies nicht nur, weil ich dort mehrmals in der Vorkriegsklasse gewonnen habe. Es ist die Summe der Dinge, die es ausmacht. 450 Rennfahrzeuge, 8.500 Club-Fahrzeuge, über 100.000 Zuschauer, 24 Stunden Non-Stop-Entertainment und dann noch das Fahren in der Nacht. Es gibt keine Veranstaltung mit einem vergleichbaren Ambiente, wo man in so kurzer Zeit so viel erleben kann.
Nick Traber: Für mich, wie vermutlich auch weltweit für die meisten Rennfahrer damals, heute und auch noch in ferner Zukunft, sind die 24h Rennen in "Le Mans" ein Highlight des Rennsportlebens. Selbst vielen Profi-Rennfahrern bleibt dieser Wunsch verwehrt und so ehrt es mich umso mehr, dieses Privileg genießen zu dürfen. Dieses Gefühl, diese Stille, wenn man an der weißen Linie gegenüber von seinem Auto steht und auf den Flaggenschwenker wartet, um dann im Sprint zum Auto zu rennen und den Motor aufheulen zu lassen, ist unbeschreiblich.
12. Gibt es eine kuriose Geschichte von Euren vielen Renneinsätzen zu berichten?
Christian Traber: Das mag vielleicht nicht die kurioseste Geschichte in meiner Karriere sein, aber sicher eine, an die ich mich nicht so gern erinnere. Das war 2011 als ich mit 2 Freunden das 6 Stunden Rennen des Grand Prix de Dakar Historique mit einem Porsche RSR fuhr. Ich übernahm das Lenkrad nach 4 Rennstunden, als ein paar Runden später das Bremspedal brach und ich in eine, aus afrikanischen Backsteinen gebaute Mauer mit 130 Km/h seitwärts reinfuhr. Das war ein schlimmes Ereignis, aber wäre diese Mauer in Europa und nicht in Afrika gebaut worden, hätte ich das nicht überlebt. Ein weiteres kurioses Ereignis ist mir passiert, als ich 2002 bei der ersten Le Mans Classic mit meinem Jaguar E-Type mitten in der Nacht auf der Indianapolis-Gerade auf einem Ölfleck ausrutschte und mich mehrmals um die Achse drehte. Ich blieb mitten auf der Strecke in Gegenrichtung und mit gestopptem Motor stehen (ohne irgendwo eingeschlagen zu haben) als mir der Ferrari 250 GTO von Nick Mason entgegenkam, ins Gesicht blendete und mir nur ganz knapp ausweichen konnte.
Nick Traber: In Dijon gibt es die Gauche de la Bretelle Kurve. Sie ist der berühmten The Corkscrew Kurve aus Laguna Seca (USA) sehr ähnlich. Man fährt gerade auf sie zu, aber durch die Abwärtsbewegung der Kurve, bremst man sie blind an. Ich wollte mit dem BMW 2002 TI einen guten Freund im Ford Capri ausbremsen und innen vorbeiziehen. Als wir dann beide über die Kante heran gefahren kamen und der Blick auf die Kurve frei wurde, stand da auf einmal in der Mitte der Kurve ein Ford Escort, der sich gerade gedreht hatte. Meinem Freund im Capri blieb nichts anderes übrig, als nach innen auszuweichen. Synchron dazu bewegte ich mich ebenfalls über die Curbs, um nicht mit ihm zu kollidieren. In solchen Situationen versteht man sehr gut, warum man als Rennfahrer innerhalb von Millisekunden lebenswichtige Entscheidungen treffen muss.
Vielen herzlichen Dank Euch beiden für das ausführliche Interview, bleibt gesund und weiterhin viel Erfolg!
Interview: Rainer Selzer / Bilder: RS65photos
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